Wie ein technologisches Missverständnis uns zum Träumen brachte.

Stellt euch vor, es ist Anfang der Neunziger, und während die Welt noch über den Zauber von CDs und Tamagotchis staunt, zaubert Apple den Newton aus dem Hut – ein Gerät, so zukunftsweisend wie ein Dinosaurier mit einem Jetpack. Ein XXXL-Smartphone, das in etwa so viel mit einem heutigen iPhone gemein hat wie ein Toast mit einem Fünf-Gänge-Menü. Schwarzweißdisplay, kein Internet (weil, surprise, das war noch nicht wirklich ein Ding), eine Akkulaufzeit, die kürzer war als die Geduld eines Kleinkinds, und das Gewicht? Nun, sagen wir einfach, es war kein Fliegengewicht.

Foto: chat.openai.com

Da hatte also mein Kommilitone so ein Prachtstück. Der Newton war theoretisch dazu gedacht, Texte zu erkennen, Termine zu managen und, äh, irgendwas anderes Nützliches zu tun, was auf Papier vermutlich effizienter gewesen wäre. Aber die Handschrifterkennung? Ein Trauerspiel. Der Newton interpretierte jeden Kritzel mit der gleichen Präzision wie ein betrunkener Orakelspruch.

Doch, und jetzt kommt der Clou, dieses technologische Missverständnis hat uns zum Träumen gebracht. Was, wenn dieses klobige Ding nur halb so groß wäre, eine Trillion mal schneller, in Farbe, mit E-Mail-Fähigkeit (oder zumindest einem Modem) und – jetzt haltet euch fest – cool aussehen würde? Was, wenn wir damit reden könnten wie Captain Kirk mit seinem noch nicht erfundenen Klapphandy?

Getrieben von dieser Vision, trafen wir uns zu dritt, um nicht weniger als das Smartphone zu erfinden und gleich die passende Werbekampagne dazu zu brainstormen. Ja, richtig gehört. Wir waren der Zeit so weit voraus, dass wir beim Frühstück quasi die Zukunft aufs Toastbrot gemalt haben.

Zehn Jahre später kehrt der große Steve Jobs zu Apple zurück und – voilà – bereits weitere zehn Jahre darauf präsentiert er das iPhone. Es war, als hätte er unsere Fax-Nachrichten aus der Vergangenheit abgefangen. Plötzlich war da dieses Gerät, das all unseren damaligen Träumen nicht nur entsprach, sondern sie bei Weitem übertraf.

Das Gefühl, rückblickend nicht ganz daneben gelegen zu haben, war mehr als gut. Es war eine Bestätigung, dass die verrückten Ideen von heute die bahnbrechenden Innovationen von morgen sein können. Und irgendwo in einer Schublade liegt vielleicht noch ein alter Newton und grinst sich eins, weil er weiß: Ohne ihn wäre das iPhone vielleicht nie das geworden, was es heute ist. Ein Toast auf die Träume von gestern, die die Realität von heute formen. Cheers.


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