LU // Andy Warhol // Do It Yourself (Landscape) // 1962

Da isser wieder, der Andy. Andy Warhol. Bei uns zuhause war „Malen nach Zahlen“ so was wie ein Schimpfwort. Als ob man ein Verbrechen begeht, indem man einfach ausmalt, was ein anderer vorgekritzelt hat. Das war doch Kram für den Kindergarten – und selbst da hatte es eigentlich nix zu suchen. Meine Kumpels hatten alle diese mega Bilder bei sich hängen – Hunde, Katzen, Landschaften und gefühlt tausend Pferde. Alles selbst gepinselt. Ich? Keine Chance, ein Pferd hinzubekommen, Hunde malen war mir zu doof und bei Landschaften kam bei mir nur langweiliger Mist raus. Und dann diese Pelikan-Farben. Ölfarben waren für uns Kids tabu.

„Selbermachen“ war damals nicht so ein hipper DIY-Trend, sondern roch streng nach Öko – irgendwas mit Holz, Jute, Plakatfarbe und Buden bauen. Aber diese Malen-nach-Zahlen-Dinger? Die hatten schon was. Genau wie diese Knüpfsets für Wandteppiche oder Kissen, die auch voll unser Ding waren…

Und Andy? Der schert sich nen Dreck um die Spielregeln meiner Eltern. Bei ihm ist DIY nicht nur erlaubt, sondern sogar erwünscht. Er hat das Ganze zum Konzept gemacht: Mit Malen nach Zahlen kann jeder Hans und Franz Bilder für ihn malen. Eigentlich schiebt er damit die Kunst noch näher an den Betrachter ran, macht den „User“ seiner Kunst zum Teil des Ganzen. Vorher hat er in seiner Factory die Kunst massenkompatibel rausgehauen, und jetzt lässt er die Leute direkt ran – fertig ist das Ikea-Prinzip.

Photo: LU

Wenn ich mal ganz ehrlich bin, finde ich das Bild „Andy Warhol, Do It Yourself (Sailboat)“ (1962) tausendmal besser. Ich steh auf Segelboote, schon immer. Aber weil das Ding in Pittsburgh im Museum hängt und nicht in Köln, muss ich mir das „Do It Yourself-Landschaftsbild“ antun. Die Idee dahinter check ich, aber meine Sehnsucht nach Segelbooten bleibt auf der Strecke.

Jetzt zum Bild: „Do It Yourself (Landscape)“, 1962, Acryl auf Leinwand, im Museum Ludwig. Einer der geilsten Lacher in Sachen Fertigfarben sind Andy Warhols Do-It-Yourself-Gemälde definitiv, inspiriert von diesen „Malen-nach-Zahlen“-Kits. Diese Herbstlandschaft ist so halb fertig, halb nicht, und man schnallt sofort, was Sache ist. 3-2-1 meins

Andys DIY-Bilder sind ne fette Klatsche in die Fresse der Originalitäts- und Kreativitätsdebatte. Wenn echt jeder Depp ein Meisterwerk zustande bringt, indem er nur den Zahlen folgt, was zur Hölle macht dann noch den echten Künstler aus? Was ist der Punkt beim Bilder malen, wenn’s nur darum geht, den Anweisungen zu folgen?

Die DIY-Serie war Andys letzter Streich, bevor er die Pinselarbeit an den Nagel hängte und sich den Siebdrucken mit vorgefertigten Fotoinhalten widmete und in die Massenproduktion Fabrik umschulte.

Ich bin raus,
Euer Lu


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