FAQ: Enterprise Low Code

Das Marktforschungsunternehmen Forrester etablierte den Begriff „Low Code“ im Jahr 2014. Die Idee hinter Low Code ist simpel: Fachexperten sollen mithilfe möglichst einfach zu bedienender Werkzeuge in der Lage sein, Teile von Software selbst zu gestalten – ohne klassische Programmierung. Heute wird Low Code bei vielen kleineren Public Sector-Projekten eingesetzt. Dass die Formel „Low Code = Kleine App“ oft diskutiert wird, aber nicht immer treffend ist, beweisen gerade die größten IT-Projekte in Deutschland sehr eindrucksvoll. – Enterprise Low Code in der Verwaltung.

Low Code im Public Sector (Living Dokument)
Diese FAQ ist eine „living document“ und wird kontinuierlich bearbeitet und aktualisiert.
Letzte Aktualisierung: 01.02.2022

Welche großen IT-Projekte im Public Sector setzen auf Low Code?

ELSTER

Klassenprimus ist sicherlich die deutsche Steuer, die mit ihrem ELSTER-Projekt für viele weitere IT-Projekte in der Verwaltung eine Blaupause bilden kann. Bei ELSTER erstellen Fachexperten der Steuerverwaltung im Bayerischen Landesamt für Steuern für viele Steuerarten mit über 600 verschiedenen Datenarten alle Validierungsregeln auf einer Enterprise Low Code Plattform.

Modul F: Bundesweites Projekt zur verwaltungsinternen Digitalisierung

Die Digitalisierung der Verwaltung wird in Hamburg mit dem Projekt „MODUL-F“ einen Schritt weitergedacht. Um verwaltungsinterne Prozesse zu verbessern, wird ein modularer Ansatz für die Erstellung von Softwareanwendungen, den sogenannten Fachverfahren, aufgebaut. Über eine sogenannte Low-Code-Plattform sollen künftig vorprogrammierte Module zur Verfügung stehen, aus denen einfach und schnell digitale Fachverfahren erstellt werden können. Überall da, wo es noch keine digitale Abbildung eines internen Prozesses gibt, kann „MODUL-F“ in Zukunft ansetzen und bei der Digitalisierung unterstützen. Das Projekt wird in Höhe von 11,6 Millionen Euro aus Konjunkturmitteln des Bundes finanziert.

Aus der Pressemeldung vom 21.01.2022 der Senatskanzlei Hamburg
„Senat aktuell: Der Digital-Baukasten für die Verwaltung“

Mein Unternehmenskonto

Das einheitliche Unternehmenskonto auf Basis von ELSTER ist bereits bei den ersten Partner-Portalen im Einsatz. Das Projekt wird von Bund und Ländern aktiv unterstützt.

Entwicklt von: Freie Hansestadt Bremen, Bayerisches Staatsministerium für Digitales, Bayerisches Landesamt für Steuern

Erste Partner: BSFZ (Bescheinigungsstelle Forschungszulage), Corona Soforthilfe des Bundes, Freie Hansestadt Bremen, Umwelt Bundesamt, WSP.NRW (Wirtschafts-Service-Portal.NRW), Zoll, BSH (Bundesamt für Schiffahrt und Hydrographie), IHK München und Oberbayern, Bayerischer Landkreistag

Quelle: mein-unternehmensportal.de (12/2021)

BOP Online-Portal (Bundesamt für Steuern)

Das Portal bietet Formulare, Profile, Massendaten und Funktionen.

Leistungen: Steuer-National

  • Elektronische Mitteilung ausländischer Renten- und Kapitalversicherungsverträge
  • Familienkassen-Kontrollverfahren
  • Kirchensteuer auf Kapitalerträge/Kontenwahrheit
  • Kontrollverfahren Freistellungsaufträge
  • Versicherung- und Feuerschutzsteueranmeldungsformular

Leistungen: Steuer-International

  • CRS
  • FATCA-Abkommen
  • Grenzüberschreitende Steuergestaltungen
  • Import-One-Stop-Shop
  • One-Stop-Shop (OSS) für im Drittland ansässige Unternehmer – Nicht-EU-Regelung
  • One-Stop-Shop (OSS) für in der EU ansässige Unternehmer – EU-Regelung
  • Steuerabzug nach § 50a EStG
  • Umsatzsteuerkontrollverfahren
  • Vorsteuervergütung

Quelle: https://www.elster.de/bportal/start

Warum sind Low Code Plattformen langfristig für den öffentlichen Sektor so interessant?

„Sie sind bestens geeignet Software in der Verwaltung einfach zu pflegen und Erweiterungen im laufenden Betrieb vorzunehmen und das direkt von der Fachabteilung. Zu den größten Aufwands- und Kostentreibern von Software zählen fachliche Anpassungen der angebotenen Dienste, wenn sie bereits in Betrieb sind.“ … „Es fallen Folgeaufwände für die laufende Produktion und die Weiterentwicklung über viele Jahre bis Jahrzehnte an. … Low Code-Ansätze können einen wichtigen Beitrag leisten, um diese Aufwände langfristig zu verringern.“ 

Wie funktionieren Low Code-Plattformen?

Low-Code-Plattformen arbeiten nach einem einfachen Prinzip: Sie stellen Modellierungswerkzeuge bereit, mit denen Sachbearbeiterinnen und Sachbearbeiter ohne explizite Programmierkenntnisse wesentliche Teile der digitalen Fachverfahren selbst abbilden können. Spezielle Interpreter und Generatoren übersetzen diese Modelle dann automatisiert in Programmcode. Je nach dem Umfang und den Schwerpunkten des zugrundeliegenden Modellierungskonzeptes lassen sich auch sehr komplexe fachliche Zusammenhänge abbilden. Fachabteilungen werden durch Low Code zu Co-Entwicklern 

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Was sind die Vorteile von Low Code-Plattformen?

„Fachabteilungen können so langfristig zum Beispiel Änderungen in Gesetzen oder rechtlichen Vorgaben selbst umsetzen. Neue Eingabefelder, benötigte Unterlagen oder geänderte Abhängigkeiten zu anderen Eingaben? Kein Problem! Ohne tiefergehende IT-Kenntnisse können Mitarbeitende diese Dinge in grafischen Modellierungswerkzeugen umsetzen. Das betrifft sowohl die Antragssicht für Bürgerinnen und Bürger sowie Unternehmen als auch die eigene Fachsicht für die Bearbeitung bis zur Archivierung. Über diesen Weg lassen sich Anpassungen von Online-Diensten viel schneller und direkter umsetzen. 

Damit entfällt initial und fortlaufend also der sonst übliche Schritt der Fachseite, detaillierte Anforderungen zu formulieren, die anschließend von dem Software-Team zunächst verstanden und dann umgesetzt werden müssen. Darüber hinaus haben Low-Code-Ansätze das Potenzial für Synergieeffekte: Modelle können geteilt und wiederverwendet werden. Um eine Anwendung zu digitalisieren, können Fachexpertinnen und Fachexperten auf bereits bestehende Modelle zurückgreifen.“

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Welchen Stellenwert nimmt Low-Code-Development im Kontext der digitalen Transformation ein?

„Laut Gartner werden bis 2024 bis zu 65% aller Digitalisierungsvorhaben mit Low Code realisiert. Gerade durch die erwähnten Vorteile bieten sich Low-Code-Plattformen in Zeiten des immer häufigeren und schnelleren Wandels in Unternehmen ideal an, um die digitale Transformation im eigenen Unternehmen voranzubringen. Schließlich muss jedes Unternehmen heutzutage flexibel auf neue Anforderungen und Herausforderungen reagieren können. Je stärker die Digitalisierung im Unternehmen vorangeschritten ist, desto wichtiger ist es auch, ein flexibles Tool zu haben, das sich einfach an diese veränderten Rahmenbedingungen anpassen lässt.“

Quelle: Trendreport / Agilität: In Zukunft Low-Code-Plattformen, 31. März 2020 von Martina Bartlett-Mattism Link: www.trendreport.de/agilitaet-in-zukunft-low-code-plattformen/

Wo sind Grenzen von Low Code?

„Der öffentliche Sektor ist …durch eine heterogene komplexe IT-Landschaft gekennzeichnet. Digitalisierungsprozesse von Kernprodukten oder -Leistungen sind in der Regel zu tief mit vorhandenen IT-Systemen verbunden als dass Fachverfahren alleine im Klickmodus realisiert werden können. Auch langfristig wird es technische Aspekte und Integrationsszenarien geben, für die klassische individuelle Entwicklungen schlichtweg der effizienteste und nachhaltigste Weg sind.

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Welche Kriterien müssen Low Code-Plattformen erfüllen, um bei hochkomplexen IT-Projekten vorteilhaft eingesetzt werden zu können?

„Low Code-Plattformen [sollten] kompromisslos offen sein für individuelle Lösungen. Sie müssen in jedem Aspekt der Architektur erweiterbar sein und Schnittstellen in alle Richtungen anbieten, um anschlussfähig an die komplexe behördliche IT-Landschaft zu sein.“

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Wird es in der Zukunft nur noch Low Code-Anwendungen geben?

„Low Code wird den klassischen Entwicklungsprozess … nicht vollständig verdrängen. Der Einsatz an den richtigen Stellen – eben dort, wo immer wieder fachliche Anpassungen zu erwarten sind – sollte aber unbedingt forciert werden. Nur dann kann durch einen modellgetriebenen Prozess der größte Kostenblock unter der Wasseroberfläche signifikant kleiner werden, der erst später nach der initialen Umsetzung sichtbar wird.“

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Wie wird Low Code die Arbeitsweisen in der Verwaltung und die Attraktivität von Behördenverändern?

„Nicht zu unterschätzen dürfte zudem der Einfluss der neuen Arbeitsweisen auf die Kultur und Arbeitgeberattraktivität von Behörden sein. Statt „Amtsstuben“ auf der einen Seite und IT-Silos auf der anderen, bekommen die Fachebenen eine aktive Rolle und Möglichkeiten für schnelle Umsetzungen entlang der Prozesskette. Egal ob es um OZG- oder schnelle Corona-Projekte geht.“

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung

Welche Bedeutung hat Low Code bezüglich der digitalen Souveränität der Verwaltung?

„… die digitale Befähigung der Verwaltungsmitarbeitenden [ist] ein nicht unerheblicher Mosaikstein zur digitalen Souveränität der Verwaltung. Diese neue Fachsouveränität verhindert nicht nur potentielle Fehlentwicklungen sowie Missverständnisse zwischen Fachbereichen und IT. Sie eröffnet Verwaltungen auch einen völlig neuen Gestaltungsspielraum, um die Herausforderungen der Digitalisierung zu meistern.“ 

Quelle: Standpunkt im Tagesspiegel Background „Low Code: Nachhaltige Basis für die digitale Verwaltung“ erschienen am 3.11.2020 von Hamarz Mehmanesh, CEO bei mgm Technology Partners Link: https://background.tagesspiegel.de/digitalisierung/low-code-nachhaltige-basis-fuer-die-digitale-verwaltung


Allgemeine Fragen zu Low Code


Wie hängen modellbasierte Softwareentwicklung und Low Code zusammen?

Low Code ist ein neuer Begriff für Verfahren, die in ähnlicher Form seit Jahrzehnten er-probt werden. Dazu gehört insbesondere die modellbasierte Softwareentwicklung. Um Anwendungen mit weniger manuell geschriebenen Code zu realisieren, muss ein Teil des Codes generiert oder interpretiert werden. Die Voraussetzung ist eine vorangegangene Modellierung, typischerweise in einer domänenspezifischen Sprache. 

Quelle: Digitale Souveränität für Unternehmen und Behörden- Link zur A12 Webseite

Was ist eine „Enterprise Low Code Plattform“?

Bei den bestehenden Low Code Ansätzen gibt es große Unterschiede. Einige Anbieter stellen Plattformen als geschlossene Ökosysteme bereit, in denen Anwender kleine Apps zusammenklicken und veröffentlichen können. Dieses Baukastenprinzip hat den Vorteil, dass Ergebnisse sehr schnell sichtbar sind. Die Einarbeitung ist minimal, es sind kaum Vorkenntnisse erforderlich. Eshat allerdings auch den Nachteil, dass nur eine begrenzte Komplexität abgebildet werden kann. Enterprise Plattformen sind sehr nah an dem modernen Werkzeugkasten eines Entwicklers konzipiert. Je nach Problemstellung lassen sich flexibel unterschiedliche Lösungsansätze verwenden.

Wenn wir uns den Softwareentwicklungsprozess wie eine Fertigungsstraße vorstellen, dann erfordern unterschiedliche Stationen unterschiedliche Grade an Variabliität. Manchmal reichen vorgefertigte Bausteine, die eins zu eins wiederverwendet werden. Manchmal müssen wir die Bausteine parametrisieren und konfigurierbar machen, um die nötige Variabilität abbilden zu können. Wenn bestimmte Bausteine in sehr vielen unterschiedlichen Konfigurationen immer wieder benötigt werden, können wir domänenspezifische Sprachen entwickeln. Damit wird eine noch größere Variabilität beherrschbar. Dann gibt es aber auch immer wieder Fälle, die hochkomplex sind, aber nicht immer wie-der auftauchen. Hier ist eine individuelle Umsetzung der beste Weg. Wir gehen davon aus, dass Projekte für geschäftskritische Enterprise Anwendungen immer auch Anteile enthalten, die indivuell entwickelt werden müssen. Und zwar, weil das in vielen Konstellationen schlichtweg der effizienteste und nachhaltigste Weg ist. Unnötige Abstraktionen führen zu einer unnötigen Komplexität und diversen Folgeproblemen wie einer erschwerten Wartbarkeit.Als Enterprise Low Code Plattform bezeichnen wir einen problemadäquaten Ansatz, der die oben skizzierten Entwicklungsoptionen kombiniert. Low Code, wo möglich und sinn-voll. Individualentwicklung, wo nötig.

Quelle: Digitale Souveränität für Unternehmen und Behörden- Link zur A12 Webseite